Die Novelle des JVEG – Auswirkungen auf die Praxis des Sachverständigen

Bericht verfasst von Dr. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®

Der Beitrag beinhaltet teils wörtliche Zitate aus den einzelnen Skripten.

Am 16. Mai 2014 befand ich mich auf Einladung des BVS (Bundesverband öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger e. V.) in München, um das Hauptreferat von Herrn Rechtsanwalt Prof. Wolfgang Roeßner zu hören, welches sich mit dem o. g. Thema befasste.

Herr Prof. Roeßner kann auf eine langjährige Erfahrung in diesem Bereich aus juristischer Sicht zurückblicken.

Der Referent verwies zunächst darauf, dass es eigentlich gar nicht mehr richtig sei, auf Grund der Novelle von einer ‚Entschädigung’ des Sachverständigen zu sprechen. Vielmehr sollte es sich nun korrekterweise um eine ‚Vergütung’ seiner/ihrer Leistungen handeln. Ein Gerichtsauftrag ist, genau betrachtet, die Anordnung, dass der Staatsbürger als Sachverständiger dem Gericht zur Verfügung stellen muss. Von dieser Verpflichtung kann er nur durch die im Gesetz genannten Gründe befreit werden.

Die Höhe der Stundensätze geht auf eine Marktanalyse von Hommrich aus dem Jahre 2010 zurück. Dort wurden übliche Stundensätze von Sachverständigen innerhalb einer Studie eingeholt. Auf diese Stundensätze verordnete sich der Staat einen Abschlag in Höhe von ca. 20%. Auf diese Weise entstanden die entsprechenden Honorargruppen. Bisher gab es 10 Honorargruppen von 50,00 EUR bis 95,00 EUR. Gemäß der Novelle sind es nun 13 Honorargruppen von 65,00 EUR bis 125,00 EUR. Wichtig ist, dass die Sachverständigen die Drei-Monats-Frist beachten, denn drei Monate nach Abgabe eines Gutachtens gibt es keinen Anspruch mehr auf Vergütung. Die versammelten Sachverständigen empfahlen deshalb dringend, die Rechnung jedem einzelnen Gutachten beizulegen und nicht am Ende auf eine Gesamtabrechnung abzuzielen. Wichtig sei es auch, die Gerichtsakte grundsätzlich in nachweisbarer Form z. B. als Paket oder als Einschreiben an das Gericht zu verschicken, sodass hier nichts verloren gehen kann.

Bei den Honorargruppen sind die Aufzählungen und Bezeichnungen der Sachgebiete teilweise neu festgelegt worden.

Im Übrigen wurde auch die Zeugenentschädigung angehoben. Bisher gab es 3,00 EUR, jetzt 3,50 EUR für die Zeitversäumnis. Die Haushaltsführung wurde von 12,00 EUR auf 14,00 EUR angehoben und der Verdienstausfall von 17,00 EUR auf 21,00 EUR.

Beim pauschalen Ersatz für Aufwendungen gibt es für Fotos, wie bisher, 2,00 EUR für den ersten Abzug und für weitere Abzüge 0,50 EUR. Für das Schreiben des Originals des Gutachtens werden nun 0,90 EUR pro 1.000 angefangener Anschläge statt, wie bisher, 0,75 EUR vergütet. Die Pauschale für Farbkopien bis DIN A3 beträgt nun 1,00 EUR statt, wie bisher, 2,00 EUR; ab der 51. Kopie gibt es nun 0,30 EUR statt, wie bisher, 2,00 EUR. Bei Schwarz-Weiß-Kopien bis DIN A3 bleibt es bei 0,50 EUR für die ersten 50 Seiten und 0,15 EUR ab der 51. Seite. Für Schwarz-Weiß-Kopien größer als DIN A3 gibt es nun 3,00 EUR, für Farbkopien 6,00 EUR. Falls der Sachverständige die Kopien von einer dritten Person herstellen lässt, kann er/sie die Barauslagen ersetzt bekommen.

Alle nach dem 1.8.2013 erteilten Aufträge sind nach der Novelle abzurechnen. Neu ist auch Folgendes: Die Ersetzung der Zustimmung einer Partei zu einem erhöhtem Sachverständigenhonorar durch das Gericht soll nur erfolgen, wenn das doppelte (früher: das 1,5-fache) des nach § 9 zulässigen Honorars nicht überschritten wird und kein anderer Sachverständiger bereit ist, zu den üblichen Sätzen zu arbeiten. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass die Richter dann wohl mehrere Sachverständige anfragen und Preise vergleichen werden. Ob dies der Qualität der Gutachten zuträglich ist, kann bezweifelt werden.

Es gibt jetzt auch einen völlig neuen Paragraph (§ 8a) über den Verlust und die Kürzung der Vergütung des Sachverständigen. Hier steht wortwörtlich Folgendes:

„(…) (1) Der Anspruch auf Vergütung entfällt, wenn der Berechtigte es unterlässt, der heranziehenden Stelle unverzüglich solche Umstände anzuzeigen, die zu seiner Ablehnung durch einen Beteiligten berechtigen, es sei denn, er hat die Unterlassung nicht zu vertreten.

(2) Der Berechtigte erhält eine Vergütung nur insoweit, als seine Leistung bestimmungsgemäß verwertbar ist (…)“.

Soweit das Gericht das Gutachten berücksichtigt, gilt es als verwertbar. Folgende Positionen können zum vollständigen Verlust oder zur Kürzung der Vergütung führen:

  1. Unterlassener Hinweis auf Befangenheitsgründe, die schon bei Auftragserteilung dem Sachverständigen bekannt sind.
  2. Unterlassen einer Mitteilung an das Gericht, wenn der Gegenstand des Gutachtens ganz oder teilweise nicht in die fachliche Zuständigkeit des Sachverständigen fällt.
  3. Unterlassen der Mitteilung an das Gericht, dass weitere Sachverständige hinzugezogen werden müssen.
  4. Verstoß gegen die Pflicht zur persönlichen Gutachtenerstattung (hier müssen fachliche Hilfskräfte benannt und festgehalten werden, was diese konkret geleistet haben).
  5. Zweifel am Inhalt und Umfang des Gutachtenauftrags nicht geklärt durch Rückfrage beim Gericht.
  6. Mangelhafte Leistung des Gutachters.

Der Vortragende wies in dem Zusammenhang auch darauf hin, dass Kostenbeamte zunächst immer unterstellen müssen, dass die Stundenabrechnung durch den Sachverständigen korrekt aufgestellt ist. Der Sachverständige sollte in seinem eigenen Interesse genau darauf achten, dass er/sie sich im Rahmen des Kostenvorschusses bewegt.

Bei späterer erfolgreicher Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit kann die gesamte Vergütung einschließlich vom Sachverständigen verauslagter Beträge (z. B. für Laboruntersuchungen) seitens des Gerichts zurückverlangt werden. Dies kann bei einem länger laufenden Verfahren schnell hohe Summen bedeuten.

Das Resümee des Vortragenden lautete, dass das JVEG eigentlich insgesamt mehr oder weniger überflüssig sei. Die Pflicht eines Staatsbürgers, den Gerichten als Sachverständiger gegen Entschädigung zur Verfügung stehen zu müssen, passe nicht mehr in die heutige Zeit. Es wäre günstiger, Gutachten nach Privatrecht zu beauftragen und abzuwickeln. Dies würde zu höheren Honoraren und natürlich auch einer intensiveren Haftung führen.

Von meiner Seite konnte der Besuch der Veranstaltung als positiv bewertet werden. Interessant war auch der Erfahrungsaustausch innerhalb der Sachverständigen, der im Anschluss an das Referat von Herrn Prof. Roeßner erfolgte. Weitere Infos zum b.v.s unter:

www.bvs-ev.de

 


Prof. Roeßner bei seinem Vortrag


Erfahrungsaustausch unter Sachverständigen

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