(Der Beitrag beinhaltet teils wörtliche Zitate aus dem Skript und wurde verfasst von Sandra Schubert in Vertretung von Dr. A. Unger – Fachjournalist)
Am 20. April 2016 besuchte ich das Seminar ‚Abnahme und Mängelhaftung‘ von Herrn Cornelius Hartung am Bauzentrum München.
Zu Beginn schilderte der Vortragende die zentrale Rolle der Abnahme beim Bauvertrag. Er charakterisiert sie bildhaft als ‚Schlusspunkt auf der vom Auftragnehmer (AN) erbrachten Werkleistung‘, der zudem eine Reihe rechtlicher Folgen mit sich bringt. Hierzu zählen v.a. die Beweislastumkehr bei Mängeln, der Beginn der Verjährungsfrist der Mängelansprüche, der Gefahrenübergang der zufälligen Beschädigung oder Zerstörung der Leistung bzw. der Entfall der Schutzpflicht. Da sich diese Folgen in der Regel günstig für den AN auswirken, erfolgt die Aufforderung zur Abnahme meist von seiner Seite aus, kann grundsätzlich aber von beiden Parteien gestellt werden.
Man unterscheidet zwischen verschiedenen Formen der Abnahme: die formlose Abnahme (Erstellung eines Protokolls nicht zwingend), die förmliche Abnahme (gemeinsamer Vor-Ort-Termin mit Erstellung eines Abnahmeprotokolls – Standard bei VOB-Verträgen), die konkludente Abnahme (durch schlüssiges Verhalten, z.B. Auftragsgeber (AG) zahlt vorbehaltslos die vereinbarte Vergütung) sowie die fiktive Abnahme (keine Partei hat eine Abnahme verlangt; Abnahme erfolgt automatisch unter zwei Voraussetzungen: 12 Tagen nach Fertigstellungsmitteilung oder 6 Tage nach Inbetriebnahme/Einzug). Die Schlussrechnung wird i. d. R. als Fertigstellungsmitteilung angesehen. Auch Teilabnahmen können bei in sich abgeschlossenen und funktionsfähigen Bauleistungen durchgeführt werden.
Der Referent rät darauf zu achten, ob der Abnehmende überhaupt bevollmächtigt ist, die Abnahme durchzuführen. Dies ist in der Praxis oft undurchsichtig. Nach HOAI ist z.B. ein eingesetzter Architekt nicht ohne weiteres befugt die Abnahme aufgrund der rechtlichen Folgen durchzuführen. Hierzu benötigt er eine zusätzliche Bevollmächtigung. Auch bei der Abnahme von Gemeinschaftseigentum ist die Lage undurchsichtig. Sondereigentum (z.B. gekaufte Wohnung, Garage, etc.) ist von jedem Käufer separat abzunehmen. Für Gemeinschaftseigentum (Treppenhaus, Waschkeller, etc.) muss die Abnahme durch alle Käufer erfolgen.
Wie bereits beschrieben sind beide Vertragsparteien berechtigt die Abnahme zu fordern und diesem Gesuch muss auch entsprochen werden. Streit gibt es in Fällen in denen der AG die Abnahme verweigert. Dies ist nur rechtens, wenn erhebliche Mängel vorliegen. Um dies zu klären bleibt oft nur der Gang vors Gericht. In jedem Fall ist dem AN zu raten, dem AG eine angemessene Frist zur Abnahme zu setzen und nach Ablauf der Frist den Ist-Zustand seiner Bauleistung genauestens zu dokumentieren (ein Sachverständiger ist empfehlenswert). Nur so kann auch im Nachhinein festgestellt werden, ob die Abnahmeverweigerung berechtigt oder unberechtigt war, und wer die finanziellen Folgen tragen muss.
Im Weiteren referierte Herr Hartung über den Umgang mit vorhandenen Mängeln. Bei einem mangelhaften Werk hat der AN zunächst das Recht / die Pflicht zur eigenständigen Nacherfüllung. Nach Ablauf einer gesetzten Frist hat nun der AG das Recht zur Selbstvornahme/Ersatzvornahme. Die Kosten zur Mangelbeseitigung trägt der AN. Herr Hartung empfiehlt alternativ sein Recht auf Kostenvorschussanspruch geltend zu machen. Die Abrechnung erfolgt dann, nachdem die Sanierung durchgeführt ist. Entscheidender Vorteil kann sein, dass dadurch im Nachhinein eindeutig belegbar ist, dass ein anerkannter Mangel vorhanden war. Weiter hat der AG die Möglichkeit auf Minderung sowie Schadenersatz. Das BGB sieht bei einem erheblichen Mangel zusätzlich die Möglichkeit, vom Werkvertrag zurückzutreten.
Je nach abgeschlossenem Vertrag (BGB/VOB) gibt es selbstverständlich Unterschiede betreffend Abnahmearten und Mängelansprüche. Herr Hartung ging darauf detailliert ein, jedoch würde eine vollständige Wiedergabe den Rahmen dieses Artikels sprengen.
Insgesamt wurde das Thema sehr gut nahegebracht.
In meinen Augen war es insbesondere auch eine Bereicherung, dass das Publikum so bunt gemischt war (Planer, Handwerker, Bauleiter, WEG-Vertretern, Bauherren) und man so das Thema auch von anderen Blickwinkeln heraus betrachten konnte. Auch dass sich Herr Hartung die Zeit genommen hat die verschiedenen Fallbeispiele der Teilnehmer zu bewerten, möchte ich abschließend noch lobend erwähnen.
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