INTES Seminarveranstaltung „Führen nach den Regeln des Heiligen Benedikt“ mit Pater Anselm Grün

Verfasser des Beitrags: Dr. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®

Als ich von der Akademie für Familienunternehmen INTES die Einladung für das oben genannte Seminar erhielt, war ich neugierig, ob Regeln, welche vor ca. 1.500 Jahren zur Führung eines Klosters ausgearbeitet wurden, auch in unserer heutigen Business-Welt noch Bestand haben würden. Ich meldete mich schließlich für die Veranstaltung an, welche am 23. Januar 2013 in der Abtei Münsterschwarzach stattfand.

Der Vortragende Pater Anselm Grün ist Doktor der Theologie und studierte Philosophie sowie BWL. Ohne bereits jetzt zu viel zu verraten, darf ich sagen, dass gerade dieser Mix den Vortrag zu einer spannenden Angelegenheit machte.

Die damals von Benedikt verfassten Führungssätze wandten sich an den Abt und an den Cellerar, den wirtschaftlichen Leiter des Klosters. Im Grunde haben sich die Führungsaufgaben bis zum heutigen Tage nicht wesentlich verändert. Es stellen sich auch aktuell die gleichen Fragen:

  1. „Wie können insbesondere Unternehmer von den Regeln des heiligen Benedikt profitieren?“
  2. „Wie lassen sich diese Regeln in eine zeitgemäße Führungskultur einfassen?“
  3. „Was müssen wir an uns selbst verändern, um erfolgreiche Führungspersönlichkeiten zu bleiben bzw. zu werden?“
  4. „Aus welchen Quellen können wir schöpfen, ohne selbst erschöpft zu werden?“
  5. „Welche Führungsgrundsätze lassen sich aus den Regeln des heiligen Benedikt ableiten?“

Zunächst beschrieb Pater Anselm Grüber über welche Eigenschaften eine Führungskraft verfügen sollte: 

  1. Er/sie darf nicht maßlos sein. Dies bedeutet, man solle auch mit sich selbst Maß halten, sodass man nicht zum „Workaholic“ wird. Der sog. „Burnout“ hat allerdings häufig nicht allein mit der Arbeit zu tun, sondern mit Zusatzbelastungen, die sich die Entsprechenden häufig aufhalsen, ohne sich dessen bewusst zu sein. Wenn wir in Sitzungen müde werden, so hat dies oft damit zu tun, dass nebensächliche Themen abgehandelt werden, die keinen wirklich interessieren.
  2. Ein guter Rhythmus bei der Arbeit ist wichtig. Dazu gehören auch Pausen, in denen man wieder aufatmen kann.
  3. Er/sie darf nicht überheblich sein. Wenn wir ein zu hohes Selbstbild von uns selbst haben, so führt dies wieder zu Maßlosigkeit. Wir stellen an uns den Anspruch, perfekt sein zu müssen, was i. d. R. eine Depression fast vorprogrammiert.
  4. Er/sie darf nicht stürmisch sein. Hier geht es darum, innere Ruhe zu bewahren und die Dinge zunächst so zu akzeptieren, wie sie sind. Um sie in die richtige Richtung zu befördern, geht es mehr um eine pazifistische Verwandlung als um eine aggressive Veränderung.
  5. Er/sie darf andere nicht verletzen. Dies trifft jedoch nicht nur auf Andere zu, sondern auch auf sich selbst. Manche Menschen neigen dazu, sich immer selbst zu verletzen, was häufig unterbewusst den Wunsch darstellt, sich für etwas zu bestrafen.
  6. Er/sie darf nicht umständlich/langsam sein. Wir kennen sie alle, die Mitarbeiter, die laufend um sich selbst kreisen und nicht zu Entscheidungen kommen. Langsamkeit bei Entscheidungen hängt häufig mit Angst zusammen und dem unrealistischen Wunsch, alles perfekt machen zu wollen.
  7. Er/sie darf nicht verschwenderisch sein.
  8. Er/sie soll gottesfürchtig und allen wie ein Vater sein. Während die Mutter beim Kind das Urvertrauen fördern soll, hat der Vater die Aufgabe, dem Kind den Rücken für die Risiken des Lebens zu stärken. Gibt es Probleme mit der Mutter, so kommt es häufig zu Suchtproblemen beim Kind wegen der Angst vor dem Außen. Außerdem neiden diese Menschen Anderen häufig die Zuneigung, welche sie erhalten.  Gibt es Probleme mit dem Vater, so fehlt diesen Menschen nicht selten das Rückgrat und als Ersatz dient oft die Flucht in die Ideologie. Außerdem sind diese Menschen häufig sehr misstrauisch und scheuen Konflikte. Entscheidungen fallen ihnen oft schwer.

In den Pausen bestand die Möglichkeit, die Mönche in der danebenliegenden Klosterkirche beim Gesang und Gebet zu beobachten und in die Klosteratmosphäre einzutauchen. In der Mittagspause wurde ein Film vorgeführt, der unter dem Titel „Ora et Labora“ das Leben im Kloster Münsterschwarzach darstellte. Bruder Bonifaz plauderte im Anschluss noch etwas aus dem Nähkästchen, wie man sich ein Leben im Kloster so vorzustellen habe.

Der zweite Teil des Vortrags zeigte auf, was notwendig ist, um erfolgreiche Führungskraft zu werden bzw. zu bleiben. Pater Anselm empfahl den Teilnehmern, Schwächen ruhig auch einmal zuzugeben, da sie menschlich machen. Der Chef, der auch einmal sagt, „die Sache sei ihm durch die Lappen gegangen“ schrumpft selbst auf menschliches Normalmaß und zeigt gleichzeitig Größe. Der Vortragende warnte Unternehmer davor, „Bewunderungszwerge“ um sich zu sammeln, um selbst gut und groß dazustehen. Manche Chefs sind geradezu eifersüchtig auf gute Mitarbeiter, da sie insgeheim selbst der Beste sein wollen und ihre Stellung von niemandem gefährdet sehen möchten. Eine solche Führungskraft wird sich schwer tun, gute Mitarbeiter zu finden bzw. zu erreichen, dass diese bleiben.

Alle Führungskräfte kennen die Aussage von Mitarbeitern, „sie hätten eine Sache einfach vergessen“. Psychologisch betrachtet, kann dies auch unbewusster Widerstand gegen eine Anordnung sein. Insofern kann manchmal das „Vergessen“ die einfachere Alternative sein, die nicht zum Eklat führt.

Wichtig ist auch innerhalb der Firma eine Sprachkultur zu gewährleisten. Wärmende Sprache öffnet den Menschen, während aggressive Worte und negative Kommentare über Mitarbeiter automatisch gegen einen selbst schlagen und die Atmosphäre in der Firma vergiften.

Wenn man sich von einem Mitarbeiter trennen muss, dann empfahl Pater Anselm Grün, dass der Vorgesetzte sich selbst darum kümmert. Auf diese Weise bleibt die Sache persönlich und der Chef hat die Möglichkeit, dem Mitarbeiter sein Bedauern über die Trennung mitzuteilen und ihm auch die Hoffnung zu geben, dass sich Alles zum Guten wendet. Verantwortungsvolle Chefs helfen teilweise sogar entlassenen Mitarbeitern, danach eine Neuanstellung zu finden.

Im Anschluss ging es darum, wie die Führungskraft selbst Kraftreserven für sich schafft, damit es nicht zur Erschöpfung kommt. Manche Teilnehmer äußerten, dass es ihnen schwer falle, Geschäft und Familie zu verbinden. Hier gab Pater Anselm Grün den Tipp gegenüber der Familie verlässlich zu sein. Auch, wenn es nur einen Tag in der Woche ist, an dem man zu Hause ist, dann ist es wichtig, dass die Familie sich darauf verlassen kann und diese Zeit nicht in Frage gestellt wird. Wenn man zuhause ist, dann sollte man ganz dort sein und nicht noch gedanklich halb im Geschäft hängen. Rituale, wie die Verabschiedung vom Arbeitsplatz und der Übergang in die Familiensphäre können dabei helfen.

Weiterhin ist es wichtig, festzustellen, mit welchem Bild man in die Arbeit geht. Ist man der „Hamster im Rad“, befindet man sich an der „Front“ oder genießt man die Gestaltungsmöglichkeiten, die jeder Tag einräumt. Pater Anselm stellte die Frage, womit sich der Einzelne in seiner Kindheit am Liebsten stundenlang beschäftigt hat. War man z. B. ein leidenschaftlicher Fußballer, so kann im Geschäftsleben das Bild weiterhelfen, dort eine optimale Mannschaft für das tägliche Spiel zusammenzustellen

Natürlich ist es genauso wichtig, dass die Firma Werte hat, welche auch die Mitarbeiter mittragen können.

Viele Führungskräfte leiden darunter, dass sie sich falsche Entscheidungen nicht verzeihen. Hier ist Nachtrauern aber kontraproduktiv und lähmend. Das Schlimmste ist, nicht zu entscheiden. Ansonsten gibt es eben meist nicht nur einen einzigen Weg, sondern mehrere, welche nach Rom führen. Wenn die Mannschaft dahinter steht, dann kann jeder dieser Wege Erfolg bringen. Wichtig ist es nur, sich für einen zu entscheiden und diesen konsequent zu gehen.

Pater Anselm Grün wies darauf hin, dass Rituale zur Identität einer Firma beitragen. Dazu gehören z. B. Weihnachtsfeiern, Abschiedsrituale von Mitarbeitern, Betriebsjubiläen, etc. Selbstverständlich ist auch die tägliche Begrüßung und Verabschiedung der Mitarbeiter ein Teil davon.

Fazit:

Ich empfand die Veranstaltung als sehr interessante Mischung aus spirituellen Anreizen, Exkursen in die Psychologie und ganz handfesten Ratschlägen, die für Führungskräfte unerlässlich sind – heute genauso wie vor 1.500 Jahren.

Informationen zu INTES Akademie für Familienunternehmen finden Sie unter:

www.intes-akademie.de

Dr. Unger

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