Interessante Neuigkeiten beim Expertenkreis Fußboden 2017

Bericht verfasst von Dr. Alexander Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®

Am 17. März 2017 fand bei der Unger Thermo-Boden GmbH in Unterschleißheim das internationale Treffen der Fußbodenexperten statt. Zahlreiche illustre Gäste waren der Einladung von Dr. A. Unger gefolgt. Das Besondere an diesem Treffen ist die Mischung aus Sachverständigen, Planern und Baupraktikern, welche in der Ausführung tätig sind.

1) Analytische Einschätzung von Estrichtrockenzeiten mit Hilfe einer EDV-basierten Programmlösung
Referent: Dipl.-.Ing. Carlo Diliberto / Glass AG

Herr Diliberto von der Glass AG zeigte ein sehr interessantes Berechnungsprogramm auf, mit dessen Hilfe man annäherungsweise die Trocknungszeit von Estrichen und gebundenen Schüttungen abschätzen kann. Er räumte mit den Mythen um bestehende Schätzungsverfahren auf, wie z.B. die Trocknung von einer Woche pro cm Estrichdicke.

Zunächst wies der Referent darauf hin, welche wichtige Rolle die Evaporation (Verdunstung) in der Estrichfrühphase hat. Hier ist es wichtig, dass Feuchtigkeit das System verlassen kann. Der Referent empfahl, nach der Begehbarkeit des Estrichs (ca. nach 24 Stunden) durch Lüftung ohne Zugentstehung dafür zu sorgen, dass Feuchtigkeit abgeführt wird und nach drei Tagen wieder zugfrei zu lüften. Die Verdunstung ist so wichtig, da zu einem späteren Zeitpunkt der Estrich nur noch per Diffusion trocknet, was deutlich länger dauert. So lässt sich auch erklären, warum manche Estriche zu einem gewissen Zeitpunkt kaum noch Feuchte an die Raumluft abgeben und es den Anschein macht, als sei die Trocknung zum Erliegen gekommen.

Herr Diliberto wies auch darauf hin, dass es lt. seiner Erfahrung nicht so ist, dass (z.B. mit Zement oder Calciumsulfat) gebundene Schüttungen dickenunabhängig in einem gewissen Zeitraum auf ihre Belegfeuchte trocknen. Je dicker desto länger dauert die Trocknungszeit, insofern nicht z. B. spezielle Schnellzemente zur Bindung herangezogen werden. Weiterhin wies der Referent darauf hin, wie wichtig es ist, das entsprechende Raumklima der späteren Nutzung in die Berechnung einzubeziehen. Ist diese z.B. auf Grund von Lüftungsanlagen sehr trocken, dann ergibt sich immer ein höherer Dampfdruckgradient aus dem Estrich in die Raumluft heraus. So lassen sich dann auch Schäden erklären, die bei Normalklimata nicht auftreten.

2) Neue Erkenntnisse zur Notwendigkeit von Dampfsperren mit bremsender Wirkung auf neuen Betonplatten
Referent: Dipl.-.Ing. Carlo Diliberto / Glass AG

In diesem Referat zeigte Herr Diliberto auf, wie wichtig es ist, eine geeignete dampfbremsende Maßnahme auf Oberkante Betonplatte vorzusehen. Auch hier spielt eine wesentliche Rolle, wie trocken das jeweilige spätere Bauklima ist. Je trockener umso höher der Gradient zum noch feuchten Restbeton. Wenn man auf die Verwendung von Dampfsperren verzichtet, dann kommt es sehr schnell zur Auffeuchtung von Dämmung und Belag. Bei dampfdichten elastischen Belägen kann dies zum Beispiel zu Schäden in Form von Blasen führen, etc. Im Fall von leitfähigen Kautschukbelägen kam es auch bereits zu relevanten Expansionen.

Herr Diliberto wies darauf hin, dass je nach Raumklima möglicherweise die Platzierung von zwei Lagen PE-Folie der Dicke jeweils 0,2 mm auf der Betonplatte nicht ausreichend sein kann. In Einzelfällen ist es möglichweise notwendig, eine richtige Dampfsperre mit sd ≥ 1.500 m zu platzieren. In letzter Konsequenz ist es Aufgabe des Planers, derartige Maßnahmen vorzusehen.

3) Vorstellung eines Schadenfalles, bei welchem eine ca. 1,5 cm dick aufgebrachte Spachtelmasse zu Schäden am darunter liegenden Calciumsulfatestrich führte
Referent: Dr. A. Unger / Leiter des europäischen Expertenkreises Fußboden innerhalb des FUSSBODEN ATLAS®

Dr. A. Unger schilderte einen Fall, bei welchem auf einem Calciumsulfatfließestrich über einem Hohlboden eine ca. 1,5 cm dicke Spachtelung als Höhenausgleich zum Einsatz kam. Diese wies einige Wochen nach ihrer Applikation deutliche Rissbildungen auf. Diese waren durch einen Schwindungsprozess der Spachtelmasse entstanden. Vor einer Sanierung der Risse wollte man die weitere Trocknung der Spachtelmasse in Verbindung mit einer Reduktion der Raumtemperatur abwarten, sodass danach keine zusätzlichen Formveränderungen der Spachtelmasse mehr zu erwarten waren. Dabei kam es zu derartigen Verformungen der Spachtelmasse, dass diese den darunter befindlichen Trennschichtestrich mit nach oben riss. Die Spachtelmasse verhielt sich in dem Zusammenhang wie ein schüsselnder Zementestrich, wobei die Risse in der Spachtelmasse als Randbereiche wirkten, sodass später die Randbereiche und die Risse gegenüber den Restflächen erhöht waren. Nach einer Schwindprüfung an neuem Spachtelmassenmaterial ergab sich, dass die geprüften Spachtelmasse eigentlich einen normalen Schwindwert im Bereich von 0,2 mm pro m aufwies. Möglicherweise hatte ein Materialfehler zu der extremen Schwindung der Spachtelmasse im Objekt geführt.

4) Ist der neu eingeführte Grenzwert bei beheizten Calciumsulfatestrichen mit 0,5 CM-% für die Belegung praxisgerecht?
Referent: Dr. A. Unger

Dr. A. Unger und sein Kollege Peter Erbertz wiesen darauf hin, dass nun in der DIN 18 560 ein neuer Grenzwert für beheizte Calciumsulfatkonstruktionen bei der CM-Messung festgelegt ist. Dieser liegt nun, wie für unbeheizte Calciumsulfate, bei 0,5 CM-%. A. Unger wies darauf hin, dass man beim Zementestrich vor einigen Jahren den Wert um 10% bei beheizten Konstruktionen schärfer fasste als bei unbeheizten Konstruktionen (von 2 auf 1,8%). Im Calciumsulfatbereich übernahm man die Differenz mit 0,2%, wobei es evtl. richtiger gewesen wäre, bei einer 10%igen Minderung den Wert von 0,5 auf 0,45 CM-% zu reduzieren. Trotzdem wies Dr. A. Unger darauf hin, dass seiner Erfahrung nach der Grenzwert von 0,3% bei beheizten Calciumsulfatestrichen i.d.R. erreicht wird. Bemängelt wurde von Seiten des Publikums, in welcher Art die Festlegung der neuen Grenzwerte in der Normenkommission der DIN 18 560 erfolgte. Man hätte dort die Bodenleger auf jeden Fall viel früher in eine derartige Entscheidungsfindung einbinden müssen. Allerdings unterliegen derartige Entscheidungen auch in Normengremien immer einer Abstimmung, bei der die Mehrheit ausschlaggebend ist.

5) Gutachtenfall, bei welchem eine glatte monolithische Betonplatte mit einem Zementverbundestrich versehen werden sollte
Referent: Dr. A. Unger

Dr. A. Unger referierte über einen Fall, bei welchem auf eine ausgeglättete monolithische Betonplatte aus Höhengründen ein Zementverbundestrich aufgebracht wurde. Dieser zeigte nun auf Teilflächen deutliche Risse und Hohlstellen. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass mittels Kugelstrahlen die sehr glatte monolithische Betonplatte nicht geeignet aufgeraut und damit griffig gemacht wurde. Dadurch konnte die wahrscheinlich auch etwas zu spärlich aufgebrachte Haftbrücke nicht geeignet in den Porenraum und in die Zwischenräume des Betons eindringen. Insofern kam es zu keiner geeigneten Verbindung über die Haftbrücke zwischen Beton und Estrich. In letzter Konsequenz mussten Teilflächen wieder ausgebaut und neu eingebaut werden. Bestehende Hohlstellen und Risse mussten verharzt bzw. drucklos verpresst werden.

Aktuelle Stunde

Im Rahmen der aktuellen Stunde wies Herr Johann Geyer auf eine Untersuchung bei der technischen Universität Wien hin, aus welcher hervorging, dass Estrichmischungen sehr unterschiedliche Qualitäten haben können, wenn der Förderschlauch ausschließlich waagerecht liegt. Die Qualität wird dann verbessert, wenn der Schlauch immer wieder in gewissen Abständen überhöht wird.

Weiterhin brachte er einen Fall mit, bei welchem ein Terrazzoestrich deutliche Mängel im Fugenbereich aufwies und zusätzlich in erheblichem Umfang Risse gebildet hatte. Das versammelte Fachpublikum gab seine Einschätzung ab, inwiefern hier eine Sanierung sinnvoll sein konnte.

Herr Denzel wies als Experte für die Feuchtigkeitsmessung von Estrichen darauf hin, wie wichtig es ist, bei Aussagen zum Trocknungszustand von Baustoffen den letztendlichen Ausgleichsfeuchtezustand zu kennen, um profunde Aussagen treffen zu können, ob die festgestellte Feuchtigkeit im Bauteil noch schadensrelevant sein wird. Zudem zeigte er dem Publikum das aktuelle Exemplar seines Feuchtigkeitsmessgerätes.

Der Veranstalter Dr. A. Unger bedankte sich bei allen Beteiligten für ihre Anregungen und ihre Mitarbeit und verabschiedete die Teilnehmer in das wohlverdiente Wochenende.


Bild 1: Dipl.-Ing. Diliberto beim Vortrag

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