Urteil des Bundesgerichtshofs führt zu einer neuen rechtlichen Situation bei Fugenschäden

Bericht verfasst von Dr. A. Unger, Donauwörth, Fachjournalist und Autor des FUSSBODEN ATLAS®

Am 20.10.2021 wurde das folgende Urteil mit dem Aktenzeichen IV ZR 236/20 verkündet:

„(…) Der Wohngebäude-Versicherer hat nicht für Nässeschäden aufgrund einer undichten Fuge zwischen einer Duschwanne und einer angrenzenden Wand einzustehen (…)!

Der Rechtsstreit entzündete sich also an der Fragestellung, ob Versicherungen dafür aufkommen müssen, wenn es durch eine undichte elastische Verfugung z.B. im Bereich einer Duschwanne zu einem Schaden kommt. In diesem Fall waren in der Vergangenheit die Versicherungen angehalten, für den Schaden aufzukommen. Bei Privattarifen der Versicherung ist dies derzeit auch weiterhin noch so, nur Firmentarife sind von der Neuregelung betroffen.

Bei der Leckortung gelangen Fachfirmen häufig zu der Erkenntnis, dass die Hauptursache nicht etwa ein Leitungsbruch, sondern in erster Linie Schäden an der Verfugung sind. Nun handelt es sich bei einer elastischen Verfugung ja nicht um eine Abdichtung, sondern um eine wartungsbedürftige Fuge.

Nach heutiger Bauart weisen Duschwannen üblicherweise Dichtstreifen vor, welche in die Wandabdichtung unter den Fliesen integriert wird. Auf diese Weise wird eine dichte Wanne im Übergang zur Wand erreicht. Dies geschieht unabhängig von einer elastischen Verfugung, die im besten Fall noch eine zusätzliche Wasserbarriere schafft, aber in erster Linie für eine gute Optik vorhanden ist.

Bei älteren Duschwannen im Bestand sieht dies allerdings i.d.R. anders aus. Damals war es noch nicht Stand der Technik, dass die vorbeschriebenen Dichtstreifen vorhanden und fest mit dem Wannenkörper verbunden sind. Hier war die elastische Fuge nicht nur optischen Gründen geschuldet, sondern erfüllte auch in gewisser Weise eine abdichtende Funktion, die sie eigentlich nicht wirklich erbringen kann.

Gerade im ersten Jahr nach der Verlegung von schwimmenden Estrichen kommt es noch zu relevanten Setzungen und Rückverformungen der Lastverteilungsplatte. Dies bedingt Setzungen und Abrisse in der elastischen Verfugung. Nach einem Jahr ist es insofern fast immer notwendig, die elastische Verfugung zu erneuern. Danach sollte dies ungefähr alle fünf Jahre erfolgen.

Bei Dichtstoffen ist zudem noch zu beachten, dass diese eine Zweiflankenhaftung aufweisen müssen, was im Regelfall nur durch entsprechende Dichtschnüre erreichbar ist. Diese werden jedoch in der Praxis bei Bauteilöffnungen nur selten angetroffen. Nur bei einer wirklichen Zweiflankenhaftung kann die Dichtmasse ihre maximale Belastbarkeit auf Dehnung erzielen, die üblicherweise 20% der Dicke ausmacht. Eine 10 mm dicke Fuge könnte sich insofern maximal um 2 mm dehnen, bis sie abreißt. Rückverformungen des Estrichs und Setzungen der Dämmschicht in Summe führen eigentlich fast regelmäßig zu einem Abriss, da diese quantitativ i.d.R. mehr als 2 mm ausmachen

Häufig wird optisch nicht erkannt, dass die elastische Fuge nicht mehr funktionsfähig ist. Dies ist oft dann der Fall, wenn diese keine optisch erkennbaren Risse und Versätze aufweist, sondern einfach unterseitig flächig nicht mehr anhaftet.

Resümee:

Die wesentliche Konsequenz aus dem neuen Urteil besteht darin, dass nun der Wohnungsnutzer bzw. Eigentümer bei Bestandswannen älterer Bauart dafür verantwortlich ist, dass die elastische Verfugung intakt ist und regelmäßig gewartet wird. Tut er/sie das nicht und es kommt dadurch zu einem Wasserschaden, so wird i.d.R. die Versicherung die Kosten hierfür nicht übernehmen, da bestehende Tarife den Schaden nicht mehr decken. Falls es Einschlussmöglichkeiten geben wird, sind diese wohl nur gegen weiteren Beitrag zu erwerben. Die Versicherungen bezahlen i.d.R. in erster Linie für Wasserschäden, wenn das Leitungswasser aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder verbundenen Bauteilen austritt.

Es empfiehlt sich den Wohnungsnutzern bzw. Eigentümern einen Wartungsvertrag mit einer Fachfirma zu vereinbaren, die den Zustand der Dichtstoffe alle ca. fünf Jahre untersucht und diese bei Bedarf erneuert. Zudem sollte der jeweilige Versicherungsvertrag konsultiert werden, ob Wasser Wasserschäden durch gerissene Fugen davon abgedeckt sind.


Bild: Dr. A. Unger

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